Das Kartell

Vor zwei Wochen erschien in der Wirtschaftswoche ein Interview, das hohe Wellen schlug. Grund: „Uli Hoeneß fordert Fußball-Soli“ (Überschrift Berliner Morgenpost)
Doch was hat der Bayern-Manager eigentlich gesagt, dass sich Politiker, Medien und Leserbriefschreiber sogleich zu Statements und Umfragen genötigt sehen? Und ist Fußball eigentlich Gemeingut oder Luxusware?


Schauen wir zunächst in das Originalinterview: nachdem der Bayern-Manager bemängelt, dass die TV-Einnahmen in Deutschland zu gering seien um mit den europäischen Spitzenteams mithalten zu können, wird er gefragt, woher die TV-Mehreinnahmen kommen sollen. Hoeneß bekundet zunächst die Hoffnung, dass jemand ein in Deutschland funktionierendes Pay-TV-Konzept finden könnte, um dann anzufügen: „Am besten wäre es allerdings, wenn die öffentlich-rechtlichen Sender alle Fußballrechte kaufen und dem Bürger Fußball quasi gratis nach Hause senden würden.“

Auf Nachfrage, ob er das ernst meine, verweist Hoeneß auf die hohen Einschaltquoten, die Fußball trotz geringer Sendezeitanteile habe, und spricht dann den schlagzeilenträchtigen Satz: „Meine große Hoffnung ist, dass die Leute irgendwann bereit sind, zwei Euro im Monat für Fußball zu bezahlen.“ Er rechnet noch flugs vor, dass sich so das Dreifache der jetzigen Einnahmen erzielen ließe und damit das Niveau der TV-Einnahmen in England und Italien annähernd erreicht wäre. „Dann könnte jeder praktisch kostenlos Fußball gucken.“

Die Reaktionen auf diese kurze Passage des Interviews hätten kaum heftiger ausfallen können. In nahezu jeder Zeitung fanden sich bitterböse Leserreaktionen mit dem Tenor, was dem Uli denn einfalle den armen Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen, um die Fußballmillionäre noch reicher zu machen. Und der Nachrichtensender N24 gab umgehend eine Umfrage bei Emnid in Auftrag, die befand, dass 89% der Befragten gegen den Vorschlag von Uli Hoeneß seien.

Die Reaktionen aus der Politik erinnerten dann irgendwie an 2001 als es der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder für nötig erachtete, um eine zeitnahe Bundesliga-Ausstrahlung im Free-TV zu bitten. Er legte später sogar nochmal nach und gab zu Protokoll, die Bundesliga-Zusammenfassung ran um 20:15 Uhr nicht zu verfolgen. Wir erinnern uns: damals fiel die späte Ausstrahlung bei den Zuschauern gnadenlos durch und wurde wegen geringer Einschaltquoten nach wenigen Wochen wieder aufgegeben. Inzwischen hat sogar das Bundeskartellamt festgestellt, dass die frühe Ausstrahlung einer Zusammenfassung im frei empfangbaren Fernsehen Voraussetzung für die Beibehaltung der Zentralvermarktung der Bundesliga ist.

Was ist das nur mit dem Fußball und den Deutschen? Etwa sechs Millionen Menschen sehen jeden Sonnabend die Sportschau. Die muss aber bitteschön kostenlos sein und auf jeden Fall um 18:30 Uhr laufen, sonst ist es mit der Liebe vorbei. Sogar Politiker sehen es als unzumutbar an, dass erst später bewegte Bilder aus den Stadien zu sehen sind. Muss das Volk getreu dem Motto panem et circences mit dem Fußballspiel ruhig gestellt werden – die Antike ist doch schon eine Weile vorbei?!
Und dann das Bundeskartellamt: dessen Eingreifen lässt darauf schließen, dass die Bundesliga ein Monopol hat. Der Deutsche braucht sich also keinesfalls mit ausländischen Ligen abspeisen lassen – auch wenn da genauso (wenn nicht gar besserer) Fußball gespielt wird und Zusammenfassungen schon jetzt auf den Sportsendern gezeigt werden. Und das auch in den Ligen unterhalb der zweiten gekickt wird, wissen scheinbar nur die Zuschauer, die die Sportschau schon um 18 Uhr einschalten, um die Berichterstattung darüber zu verfolgen, aber nicht das Kartellamt.

Geht es wirklich noch um ein Spiel? Ja und nein, denn die Bundesliga ist natürlich auch ein Geschäft. Fußball auf diesem Niveau kann nur geboten werden, wenn die Einnahmen stimmen. Kein Angestellter wird sich aus Gefälligkeit für die Bundesliga entscheiden, wenn er andernorts mehr Geld verdienen kann. Und meiner Meinung nach muss nun jeder Fan selbst entscheiden: bin ich bereit dafür Geld auszugeben, mir das Gekicke anzusehen? Sei es nun die Entscheidung ein Stadion zu besuchen oder für Fußball im Fernsehen zu zahlen. Aber zu der Grundversorgung, für die das öffentlich-rechtliche Fernsehen sorgen soll, gehört Fußball mit Sicherheit nicht. Sehr schnell ist man sonst in der Diskussion, warum Fußball gezeigt werden muss, aber andere populäre Sportarten wie Handball oder Basketball nicht.

Ist also Uli Hoeneß völlig irre? Mit Sicherheit nicht. Er verweist auf 55 Millionen Menschen in Deutschland, die sich für Fußball interessieren. Und er weiß, dass das Gros dieser Leute nicht bereit ist, sich für ein Pay-TV-Angebot zu entscheiden. Also wirft er das in Deutschland erprobte Modell der Solidargemainschaft in die Runde – alle zahlen einen kleinen Betrag und jeder erhält die volle Leistung. Aber zahlen will ja keiner, egal wie viel oder wenig. Also bleibt alles wie immer, zumindest bis die Zentralvermarktung aufgegeben wird – und was das für den Wettbewerb und den Fernsehzuschauer bedeutete, kann sich wohl jeder selbst ausmalen…

Ein Gedanke zu „Das Kartell“

  1. Ich verstehe die ganze Aufregung nicht. Wenn ich für 2$ wöchentlich in Premiere-Qualität (damit meine ich alle EInzelspiele und die Konferenz) auf den öffentlich rechtlichen sehen könnte, hätte ich natürlich nichts dagegen. Schließlich drücke ich im Jahr 300 Euro für Premiere ab und darf Übertragungen mitfinanzieren, auf die ich gerne verzichten kann (Eishockey, 2. Liga, Primera division, Premier League etc. pp). Wenn für die Spiele in den ÖR live übertragen würden, hätte das auch Auswirkungen auf Werbeeinnahmen von Sponsoren und Zuschauer. Ich finde 2$ monatlich im Verhältnis zu den derzeitigen GEZ-Gebühren (ca. um die 160€ pro Jahr?) marginal und wenn ich daran denke, was damit alles finanziert wird, wird mir übel. Wenn Musikantenstadl, Lindenstraße, Marienhof, Verbotene Liebe, Wetten dass? die Allgemeinheit finanzieren soll/muss, wieso dann nicht auch die Bundesliga?

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